Der Psychopath von nebenan

Zur Zeit gibt es zwischen unserem Vermieter und meiner Mitbewohnerin wohl einen Streit, der kurz vor der Eskalationsphase steht. Es geht wohl um irgendwelchen prähistorischen Hausregeln und wer wann sein Fahrrad wo im Hof abstellen darf, aber darum gehts mir gar nicht.

Nachdem nun unser Vermieter heute versucht hat, auch mich in die Diskussion einzubeziehen und mich mehr oder weniger plump auf seine Seite zu bekommen, musste ich an eine sehr interessante Dokumentation denken, die ich letztens gesehen habe. „I, Psychopath“ oder auf deutsch „Ich bin ein Psychopath“.

In dieser Doku geht es nicht um kaltblütig mordende Serienkiller oder blutrünstige durchgeknallte Diktatoren, also um die Sorte Psychopathen, deren Klischee Hollywood immer wieder gerne bedient und die es unzweifelhaft auch gibt. Es geht viel mehr um die mehr oder weniger normalen „Alltagspsychopathen“. Menschen, die uns jeden Tag im Alltag oder Arbeitsleben begegnen, aber denen es ihre Persönlichkeit nicht zulässt, sich in andere Menschen emotional hineinzudenken und die über kaum ein nennenswertes Gewissen verfügen.

In der Dokumentation begleitet der Filmemacher Ian Walker den selbsterklärten Psychopathen Sam Vaknin und seine, ihm absolut hörige, Frau auf einer Art Road-Trip zu verschiedenen Spezialisten im Bereich der Psychiatrie und der Neurowissenschaften um seinen „Geisteszustand“ professionell testen und auswerten zu lassen.

Sam erzählt sachlich und ohne erkennbare Anteilnahme über seine immer schon vorhandene Fähigkeit, durch unberechenbares Verhalten und sehr gute Beobachtungsgabe andere Menschen zu manipulieren und leiden zu lassen, nur um seinen Willen durchzusetzen.Dabei sieht er sich gar nicht als schlechten Menschen, es ist ihm schlichtweg egal wie es den anderen Menschen um ihn herum geht.

Diese egozentrische und manipulative Verhalten kanalisierte sich auch im Laufe der Dreharbeiten immer mehr auf den Regisseur selber, sodass Ian Walker, teilweise emotional extrem angeschlagen und kurz vor dem Abbruch der Dreharbeiten stehend, wohl tiefere Einblicke in die Methoden eines Psychopathen hatte, als ihm selber lieb war.

Nur für einen kurzen Augenblick sieht man Sam Vaknin auch etwas schockiert: Als ihm ein Psychiater seine Analyse von der Schwere seiner Persönlichkeitsstörung darlegt. Mit einem derartigen Ergebnis hatte wohl auch der selbsternannte Psychopath nicht gerechnet.

Wie komm ich jetzt darauf?

Ich glaube unser Vermieter hat ein ähnliches, wenn auch nicht ganz so ausgeprägtes Verhalten. Mit Zuckerbrot und Peitsche (also Schmeicheleien und unprovozierten Wutausbrüchen) versucht er, seinen Gegenüber bei Gesprächen sofort in die Defensive zu drängen und sich als Alpha-Tier zu etablieren, wobei sämtliche Versuche, die Initiative des Gespräches wieder in die Hand zu nehmen, in immer stärkeren emotionalen Wutausbrüchen resultieren.

Wenn ich eins aus dieser Doku gelernt habe, dann dass man mit solchen Leuten nicht sachlich diskutieren kann und immer aufpassen muss, sich nicht zu emotional auf das Gespräch einzulassen. Weil dann haben solche Leute einen auf ihrem Terrain und dort ist man ihnen haushoch unterlegen.

Die komplette Doku kann man (in relativ schlechter Qualität) auf Topdocumentaryfilms.com angucken.

Wirklich sehenswert wenn man sich ein bisschen für das Thema interessiert.

  1. wie schön! ich hab die wiederentdeckt. sehr lesenswert dein blog.

  1. Mai 17th. 2010

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