Internet-Lust / Internet-Frust

(Caution: Befindlichkeitscontent!)

Ich muss zugeben, ich liebe das Internet. Die weltweite Vernetzung eröffnet Unmengen von Möglichkeiten sich zu informieren, zu lernen, zu lehren, miteinander zu kommunizieren oder sich zu unterhalten. Es vergeht so gut wie kein Tag, an dem nicht eine interessante Newsmeldung , ein lesenswerter Blogeintrag, ein brüllend komisches neues Meme oder ein Instant-Classic Youtube Video veröffentlicht wird und in atemberaubender Geschwindigkeit über Facebook und Twitter etc. verbreitet wird.

All das empfinde ich als begrüssenswerte Demokratisierung von Information und Unterhaltung und diesen Zustand möchte ich, auch weil man sich einfach so schnell an die stetige Verfügbarkeit von Informationen gewöhnt, eigentlich auch nicht missen.

Allerdings habe ich auch andere Phasen. In den letzten Tagen war ich aus persönlichen Gründen relativ wenig online unterwegs und wenn dann auch nur als Konsument. Ein Zustand unter dem mein Blog und vor allem mein Newsreader durchaus zu leiden hatten, was sich durch fehlende Postings und einer Unmenge von ungelesenen Beiträgen im Reader äußerte. Und wie es häufig so ist, fällt mir der Wiedereinstieg in die schnelllebige Online-Welt ein wenig schwer und äußert sich fast schon im Frust.

„Jetzt hab ich über 2 Wochen nichts gepostet, wie steig ich wieder ein? Erkläre ich meine Abwesenheit? Schreib ich einfach weiter als wäre nichts gewesen? Worüber schreib ich meinen ersten Post nach der Pause?“ All dieses Fragen bzw. Hinterfragen des Bloggens an sich bauten dann mit der Zeit eine Barriere auf, die ich immer weiter vor mir hergeschoben und mich damit selber vom Schreiben abgehalten habe. Und so wird aus dem endlosen Echtzeit-Fluss des Internets, den ich eigentlich so schätze, schleichend ein Frustfaktor. Wie wieder einsteigen? Wie auf den neuesten Stand kommen? Lohnt es sich den Reader „nachzulesen“ oder soll man einfach die Hemmschwelle überschreiten und mit „Mark all as read“ hunderte von potentiell lesenswerten Blogeinträgen dem subjektiven digitalem Vergessen überlassen, bei Null anfangen und damit auch irgendwie die Mühe der Blogger abwerten, deren Arbeit man eigentlich wertschätz?

Zwei Wochen ohne Aktivität ist im Internet eine halbe Ewigkeit und nichts verschwindet schneller aus dem Online-Bewusstsein als jemand, der nicht ständig online am Puls der neuesten Trends und Themen ist. Und so fühle ich mich grade ein bisschen. Ein bisschen zögerlich stehe ich vor meinen abonnierten RSS-Feeds, den Blogs-Abonnements und den Lesezeichen, finde keinen Einstieg und hab irgendwie auch grad gar keine Lust drauf, mich wieder einzumischen in einer Szene, in der die News von vor zwei Stunden „alt!“ sind und die sich einen Großteil der Zeit im Endeffekt nur um sich selber dreht. Vielleicht zur Erläuterung: Ich hab nichts gegen die sogenannte „Blogosphäre“. Ich hab dort viele interessante Gespräche und Diskussionen geführt, viele Informationen gefunden und tolle Leute kennengelernt. Trotzdem habe ich phasenweise kein Verständnis für das Selbstverständnis vieler Blogger. Da werden Themen diskutiert, als würde davon das Seelenheil des Internets abhängen, obwohl es im Endeffekt vielleicht nur eine Handvoll Leute interessiert oder betrifft. Aber wenn es grade die paar betrifft, die im deutschen Internet „etwas zu sagen haben“ ist das Tagesthema der Blogs vorgegeben und die hitzigen Diskussionen drehen sich tagelang um sich selber , ganz egal ob in der Welt grad viel wichtigere Themen von Relevanz sind. Auch empfinde ich dem Umgang einiger Blogger miteinander grade in Deutschland etwas seltsam.

Ich hab hier keine Namen oder Blogs parat, es ist nur so ein vages Gefühl von mir, dass sich in deutschen Blogs manchmal ein etwas passiv-aggressiver Grundton breitmacht und Diskussionen oft durch kleine persönliche Sticheleien auf ein regelrechtes Streitlevel gehoben werden. Dabei fände ich es viel begrüssenswerter wenn sich langsam mal ein „Wir-Gefühl“ etablieren würde und sich die Blogger verstärkt gegenüber den „etablierten“ Medien in Szene setzen und behaupten würden. Eine Entwicklung, die in Deutschland kaum zu beobachten ist und meiner Meinung nach durch so missgünstige Sticheleien und Nicklichkeiten behindert oder sogar verhindert wird.

Das alles sind natürlich nur subjektive Befindlichkeiten die mich phasenweise überkommen, aber trotzdem sind das Themen die mich beschäftigen und meinen Umgang mit dem Medium „Blog“ und vor allem meine Selbstdefinition bzw. Standortbestimmung als „Blogger“ in der Blogosphäre mitbestimmen.

Naja, ich hoffe ihr verkraftet nach langer Abstinenz diesen relativ langen, nicht sonderlich durchdachten und unrevidierten Text von mir. Wir werden sehen ob ich mich aus meinem Internet-Frust befreien kann und meine Posting-Frequenz wieder hochschrauben.

Ansonsten hab ich aber auch noch ein paar Bücher zu lesen, wir werden sehen.

Bis denn,
Karsten

  1. Ich hatte in meiner Bloggerzeit auch schon die ein oder andere Auszeit. Manchmal drei Wochen oder mehr, wo ich einfach keine Lust hatte, irgendwas zu schreiben. Das Gute am Internet ist, dass es kein Langzeitgedächtnis hat. Dh. selbst wenn du mal 2 Wochen nichts schreibst, und dann wieder anfängst, bist du auch wieder drin.

    Und das leidige Thema Blogosphäre. Ja da habe ich mir auch schon viele Gedanken drüber gemacht. Ich glaube, vielen Leuten bekommt das Gefühl „Etwas zu sagen zu haben“ nicht un sie verfallen schnell in eine leichte Arroganz allem gegenüber. Das sind dann aber auch die Blogs die schnell wieder aus dem Feedreader fliegen.

  1. Keine Trackbacks.

INFORMATION