Behördenärger oder „Wie ich unter der Dummheit anderer leiden muss“

Polizei
Am letzten Sonntag wurde ich von meinem Handy in der wohlverdienten Mittagsruhe gestört. Am Apparat ein freundlicher Mitarbeiter der hiesigen Polizeidienststelle, der mich direkt am Telefon zu einer Vernehmung als Zeugen vorladen wollte. (Übrigens wieder klar ein Punkt für „Bei unterdrückten Nummern:Nicht ans Telefon gehen!“)

Da ich mich jedoch ziemlich überrumpelt gefühlt hab und auf ein Erscheinen bei der Polizei eigentlich eher weniger Bock hatte, habe ich dankend abgelehnt und ihn doch gebeten, die Sache auf offiziellem Wege abzuwickeln. Bei solchen Sachen will ich immer etwas offizielles, schriftliches in der Hand haben. Etwas, worauf man sich berufen und worauf man offiziell reagieren kann. Nicht umsonst gilt Deutschland ja quasi Synonym für Bürokratie und Korrektheit. Wenn ich also ständig alle meine Unterlagen in x-facher Ausführung irgendwohin schicken darf, wird man von einer Behörde ja auch ausnahmsweise mal die gleiche Mühe verlangen können.

Eigentlich dachte ich, so etwas Zeit gut gemacht zu haben. Aber allem Anschein nach hat der Kollege in der Dienststelle gleich Nägeln mit Köpfen gemacht und so flatterte mir heute die entsprechende Vorladung zur Zeugenvernehmung ins Haus. Inklusive zwei Terminvorschläge im Laufe der nächsten Woche. Natürlich während meiner Arbeitszeit.

Jetzt ist es also soweit, ich kann mich hochoffiziell mit den Behörden rumschlagen, nur weil ein Kollege sich nicht mal 5 Minuten zusammenreißen konnte und zwei Polizisten „angeblich“ eine Beleidigung zugerufen hat. Das Beste daran ist ja noch, dass ich mich selber als denkbar ungeeigneten Zeugen einschätze. Zum einen hab ich nie wirklich gesehen, dass der Beschuldigte es war, der angefangen hat was zu rufen und zum anderen habe ich das Gegröhle gar nicht richtig verstehen können. Ich hab zwar eine grobe Ahnung, welche Worte von wem geäußert wurden, aber mit meinen eigenen Augen gesehen habe ich davon nichts. Nichtsdestotrotz hab ich die Vorladung jetzt im Haus und muss da irgendwie mit umgehen. Was also tun?

Meine Recherchen soweit haben mich zu dem Schluss kommen lassen, dass die Polizei keine Handhabe hat, mich zum Erscheinen bei der Dienststelle zu den genannten Terminen zu zwingen. Gegenüber der Polizei kann sich jeder, egal ob mit dem Beschuldigten verwandt, verschwägert oder nicht, auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Es kann also niemand, weder Beschuldigte noch Zeuge, gezwungen werden, sich gegenüber der Polizei zu äußern. Entschließt sich die Polizei jedoch, den Fall der Staatsanwaltschaft zu übergeben, dann ist man zur Zeugenaussage verpflichtet. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, aber die greifen für mich in diesem Falle nicht.

Was werd ich jetzt also unternehmen? Ich habe also auf jeden Fall vor, die Zeugenaussage vor der Polizei zu verweigern. Vorher werde mich, um mich da juristisch und formal abzusichern, noch mit einem mir bekannten Anwalt reden, um zu klären wie und in welcher Form ich von meinem Recht am besten formal Gebrauch mache. Dabei hege ich die Hoffnung, dass die beteiligten Beamten dem Beschuldigten jetzt nur ein bisschen auf den Pelz rücken wollen und der Fall nicht weiter eskaliert. Ich kann mir wirklicht nicht vorstellen, dass wegen einer solchen, in meinen Augen, Bagatelle ein solcher Aufriss gemacht wird und der Fall beim Staatsanwalt landet. Immerhin war die Situation dementsprechend, dass der Kollege keinen der Beamten direkt angegangen und beleidigt hat. Vielmehr wurde wohl eine abfällige Bemerkung grob in Richtung des Polizeiwagens fallen gelassen. Da gibt es jetzt in Deutschland durchaus ambivalente Gerichtsurteile, ab wann eine so allgemein gehaltene Aussage ohne direkten Bezug zu einem Polizisten überhaupt als Beleidigung gewertet werden kann.
Allerdings besteht natürlich das Restrisiko, dass die Polizei das bis zum bitteren Ende durchzieht und die Staatsanwaltschaft einschaltet. Spätestens dann werde ich mich nicht weiter vor diesen mir so verhassten Behördengängen drücken können.

Drückt mir also die Daumen, dass ich da mit so wenig Zeit- und Arbeitsaufwand wieder rauskomme. Ich meine, ich steh zwar nicht als Beschuldigter selber im Fadenkreuz, aber trotzdem ist es mir unangenehm in eine Sache hineingezogen zu werden, mit der ich nach meinem eigenen Empfinden eigentlich gar nichts zu tun habe.

Bilder Attribution-NonCommercial-NoDerivs License by Alsterstar

    • Hendrik
    • Dez 14th. 2010 12:05am

    Ich hatte auch schon eine Vorladung der Polizei und habe diese damals auch wahrgenommen.

    Prinzipiell muss man da nicht hingehen und sich auch nicht absichern oder sonst etwas. Allerdings habe ich bei meinem Besuch bei der Polizei erfahren, dass die Staatsanwaltschaft vorgeschlagen hat mich zu vernehmen (vorerst als Zeuge) weil ich vom Grunde ein verdächtiger war.

    Ob das ganze also weiterverfolgt wird oder nicht wird auch viel von den Zeugen abhängen (wenn es beispielsweise mehrere Beamte waren).

    P.S Schon ein wenig pervers sich einerseits über Bürokratie zu beschweren und andererseits dann was schriftliches zu wollen 😉

      • admin
      • Dez 14th. 2010 9:35am

      Ja, zur Zeit läuft dann grade der Alternativtermin, den ich unangekündigt nicht wahrgenommen habe, nachdem mein, ebenfalls als Zeuge geladener, Bekannter am Telefon ziemlich angepampt wurde als er abgesagt hat.
      Mittlerweile entwickelt sich das wohl in die Richtung, dass der „Beschuldigte“ eine Geldstrafe akzeptiert und damit das Verfahren eingestellt wird. Da hätte ich prinzipiell auch nichts gegen. Selbst wenn die Beweislage meiner Ansicht nach zu dünn ist um vor einem Gericht bestand zu haben, besteht dann immerhin kein Risiko mehr, doch noch vor dem Staatsanwalt oder Gericht erscheinen zu müssen.

        • Hendrik
        • Dez 14th. 2010 5:12pm

        Nach meinem Trip per Bus zum Präsidium (und man fahren die Busse dahin scheiße) kann ich gut verstehen wie man das vermeiden will. Aber das mit der Geldstrafe u dem Verfahren… da wäre schon mal interessant zu wissen was er gerufen hat damit die sich so ne Mühe geben ^^

          • admin
          • Dez 15th. 2010 4:39pm

          Es wurde wohl „A.C.A.B“ gerufen. Soweit auch von Bekannten bestätigt, auch wenn ich das, wie gesagt, akustisch nicht als entsprechenden Ausruf identifizieren konnte. Hätte auch sonst irgendein Fussballschlachtruf sein können.
          Ich habe bisher nichts von der Dienststelle zu meinem „unentschuldigten Fernbleiben“ gehört und denke, da wird auch nichts mehr kommen. Dem „Beschuldigten“ steht allerdings wohl eine Geldstrafe in der Grössenordnung von 300€ +/- ins Haus, so wie ich das verstehe. Teure Dummheit.

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