Zu gute Laune? Meine Lieblings-Dokumentationen

Sommer-Sonne-Sonnenschein? Übersprudelnde Hormone? Zu gute Laune? Dem kann man abhelfen:
Man gucke sich einfach eine der folgenden Dokumentationen an und die gute Laune ist, sofern man nur einen Funken Anstand und den Hauch eines Gewissens besitzt, passé.

Trotzdem empfinde ich es als sehr wichtig, zumindest ab und zu den Holzhammer zu zücken und sich die ungefilterte Realität der Welt in der wir leben anzutun. Auch wenn es natürlich falsch und kontraproduktiv ist, jeden Tag über den Zustand der Welt und der eigenen Machtlosigkeit diesen zu ändern zu verzweifeln, sollte man zumindest versuchen einige der bedrückenden und beängstigenden Zusammenhänge zu verstehen, die in unserer Umwelt herrschen. Dazu empfehle ich:

Darwin’s Nightmare:
Darwin’s Nightmare ist ein französisch-belgisch-österreichischer Dokumentarfilm von Hubert Sauper, der die ökologische und ökonomische Katastrophe betrachtet, die durch die Aussetzung des Nilbarsches im ostafrikanischen Viktoriasees nach sich zog. Ohne natürliche Fressfeinde rottete der Nilbarsch die heimischen Fischarten fast vollständig aus und ließ rings um den Viktoriasee eine moderne Fischindustrie entstehen, die allerdings nicht die einheimischen Anwohner versorgt, sondern allein auf den Export ausgerichtet ist. So schuften die arbeitslos gewordenen Fischer jetzt unter extrem schlechten Bedingungen in den Fischfabriken um die westlichen Restaurants mit Viktoriabarsch zu beliefert, während sie selber kaum in der Lage sind ihre Familien zu ernähren. Das einzige was zählt, ist die Bäuche der riesigen Antonows zu füllen, die, mit Waffen für die afrikanischen Bürgerkriege beladen, auf den Flughäfen auf den Frischfisch für den Westen warten.

We Feed the World:
Eine österreichische Dokumentation von Erwin Wagenhofer aus dem Jahre 2005, der die Auswirkungen der Globalisierung in der Nahrungsmittelindustrie in der Europäischen Union zum Thema hat. Allein in der ersten Szene wird gezeigt, wie „zu altes“ Brot in rauen Mengen vernichtet wird, mit der lapidaren Hintergrundinformation, dass jeden Tag in Wien so viel Brot vernichtet wird, wie in der zweitgrößten Stadt Österreichs, Graz, zur Versorg der Bevölkerung benötigt würde. Auch wird die Geschichte von brasilianischen Kleinbauern gezeigt, Teil eines Viertels der Bevölkerung, der ständig unter Wasser- und Nahrungsmangel leidet, während in direkter Umgebung riesige Mengen genmanipuliertes Soja als Mastfutter für die Geflügelzucht in Europa angebaut wird. Und in diesem Tenor geht es weiter, bis einem der industriell gleichgeschaltete Fraß, dem einen die Nahrungsmittelindustrie jeden Tag vorsetzt, im Hals steckenbleiben will.

War Photographer:
Eine berührende und bildgewaltige Dokumentation von Christian Frei über den Kriegsfotografen James Nachtwey. Zwei Jahre lang begleitete der Regisseur den Fotografen in den Krisengebieten dieser Welt, unter anderem im Kosovo, in Palästina, in Jakarta und in Schwefelminen auf Indonesien, und zeichnet ein beeindruckendes Bild eines faszinierenden Charakters in Extremsituationen. Die ruhige Dokumentation lebt von den Bildern einer Spezialkamera, die James Nachtwey bei seinen Einsätzen direkt auf seiner Fotoausrüstung trug und die somit die Entstehung der eindrucksvollen Bildern aus der Perspektive des Fotografen zeigt. Unglaublich beeindruckende Bilder und das Portrait eines faszinierender Menschen, der auch in extremen Situationen eine unglaubliche Ruhe und Souveränität ausstrahlt, lassen einen den Anblick von „War Photographer“ nicht so schnell vergessen.

The Fog of War
The Fog of War ist ein oscarprämierter Dokumentarfilm aus dem Jahr 2003, der auf dem politischen Leben und Wirken des ehemaligen US-Verteidigungsministers Robert McNamara basiert.
In Form eines Interviews erläutert McNamara in einem, von historischen Aufnahmen unterlegten, Monolog seine Sichtweise der politischen Entscheidungen vom Ende des 1. Weltkrieges, dem Verlauf des 2. Weltkrieges, über den Kalten Krieg mit seinem beinahe katastrophalen Höhepunkt während der Kubakrise bis hin zum Vietnamkrieg.
Jeder, der auch nur einen flüchtigen Eindruck bekommen will, von dem was und wie hinter den Kulissen der Politik wirklich gedacht und entschieden wird, sollte sich diesen Film angucken.

Und da meine Laune noch nicht total im Arsch ist, schaue ich mir gleich „Let’s Make Money“ an, eine Dokumentation ebenfalls von Erwin Wagenhofer über die Funktionsweisen und Instrumente des weltweiten Finanzsystems. Erschienen bezeichnenderweise bereits 2008, also noch vor dem richtigen Beginn der wirklichen Finanzkrise.
Ich bin gespannt.

  1. War Photographer fand ich persönlich richtig klasse. Ich hab den ganzen Film über im Hörsaal gesessen und konnte nicht weggucken.

    We Feed The World sah ich bisher nur zu Teilen, aber er scheint sich wirklich zu lohnen.

    Die anderen Beiden landen auch mal auf meiner Liste, die muss ich nochmal gucken.

      • admin
      • Jul 27th. 2010 10:38pm

      War Photographer ist fast meine „Lieblingsdoku“ wenn man das überhaupt so sagen kann. Die Bilder lassen mich wirklich immer sprachlos zurück. Darwin’s Nightmare würde ich jedem empfehlen. Ich hab seitdem keinen Viktoriabarsch mehr essen können. Nichts für schwache Nerven. The Fog of War ist vielleicht ein bisschen „trocken“, aber dafür sehr authentisch, weil da jemand redet, der mehr von den politischen Zusammenhängen in der Welt weiß, als unsereiner jemals erträumen könnte.

    • Funkfish
    • Jul 27th. 2010 10:56pm

    Alles tolle dokus. Weiters zu empfehlen: plastic planet

      • admin
      • Aug 1st. 2010 2:38pm

      Stimmt. Plastic Planet wollte ich auch unbedingt nochmal sehen. Danke für den Tipp.

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